Hände reichen – Initiative ergreifen - gemeinsam Tandem fahren

1. Warum Mentoring?

Kinder aus geflüchteten Familien stehen wie ihre Eltern erst am Anfang, sich in einer fremden Kultur und Sprache zurechtzufinden. Sie müssen ihre neue Umgebung mit all ihren Angeboten, Orten aber auch Regeln erst mühsam erkunden und benötigen viel Hilfestellung. Kinder müssen sich entfalten können, um unbeschwert aufzuwachsen. Dazu benötigen sie Anregungen und Unterstützung.

Es mangelt ihnen oft an Möglichkeiten, die neue Sprache, die sie in der Schule lernen, praktisch anzuwenden und die schulischen Anforderungen, die eng damit verbunden sind, zu erfüllen. Weil aber in den unteren Klassen die Grundlagen für die gesamte Schullaufbahn gelegt werden, ist die Unterstützung des häuslichen Lernens für diese Kinder besonders wichtig.

Benötigt werden Erwachsene, die sprachlich und inhaltlich bei den Aufgaben helfen können, die das häusliche Lernen strukturieren und zu Anstrengungsbereitschaft motivieren können. Spaß bei gemeinsamen geografischen, kreativen und kulturellen Unternehmungen sowie die Förderung des Kindes bei individuellen Interessen bilden die Grundlage des erfolgreichen Mentoring-Programmes.

 

2. Zeitlicher Rahmen/Verfügbarkeit

Mentor*innen und Mentees verpflichten sich, über den Zeitraum von 9 Monaten, einmal in der Woche mindestens 2-3 Stunden miteinander zu verbringen. Die verlässliche Kontinuität ist ein wichtiger Baustein für den Aufbau eines stabilen Vertrauensverhältnisses.

Neben dem halben Tag in der Woche, der für das Kind reserviert ist, sollten die Mentor*innen für Schulungen und Supervision zusätzlich einmal im Monat ca. 2,5 Stunden Zeit einplanen, diese Angebote sind allerdings optional.

 

 

3. Ablauf/Zyklus/Stationen eines Mentoring-Durchlaufs

  • Auswahl der Mentees

In den Sommerferien werden die Mentees, die zwischen 8 und 12 Jahre alt sind, für den neuen Durchgang ausgewählt, der Ende September an den Start geht. Dies ist Aufgabe des Vereins und von Eltern ehemaliger Mentees. Sie kennen die Kinder und ihre Familien aus der Nachbarschaft und da ihre eigenen Kinder am Programm teilgenommen haben, können sie am besten Werbung für unser Programm machen und alle Fragen aus Elternperspektive beantworten. Wenn die neuen Familien für das Programm gewonnen sind, ist es für uns wichtig, die Kinder so gut wie möglich kennenzulernen. Sie werden zu einem ersten Workshop eingeladen, auf dem unsere Pädagog*innen mit spielerischen Methoden Interessen und Potentiale der zukünftigen Mentees ausloten, damit sie mit Mentor*innen zusammengebracht werden können, die gut zu ihnen passen.

  •  Auswahl der Mentor*innen

Parallel wird über persönliche Netzwerke und lokale Medien um neue Mentor*innen geworben, die zunächst zu einer Informationsveranstaltung eingeladen werden. Hier können sie sich über das Programm, die Zielgruppen, Zeit und andere Erfordernisse erkundigen. Das Lupine-Team und erfahrene Mentor*innen stellen sich vor und beantworten alle Fragen bezüglich des Programms, der Zielgruppen sowie zeitlicher und anderer Erfordernisse. Bei einem weiteren individuellen Gesprächstermin werden die Erwartungen, Interessen und Schwerpunkte der Bewerber*innen erfasst. Dies ist im Hinblick auf die Bildung gut harmonierender Tandems wichtig.

Mentor*innen, die am Programm teilnehmen, werden auf der Grundlage der Kinderschutzprävention aufgefordert, vor Beginn des Programms ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis zu beantragen und vorzulegen. Dieses kann mit einem Antrag von Lupine kostenfrei beantragt werden.

  • Einführungsveranstaltung

Bevor das Mentoring beginnt, findet eine ganztägige Einführungsveranstaltung statt. Hier lernt sich die Gruppe der Mentor*innen in geselliger Atmosphäre kennen. Es wird über Erwartungen und Befürchtungen der Teilnehmer*innen gesprochen, der Umgang mit Eltern und Geschwistern wird thematisiert und der Ablauf des Programms ausführlich beschrieben. Es gibt eine Einführung in die rechtliche und soziale Situation der Zielgruppe und eine Schulung in interkultureller Kommunikation und Interaktion. Auch die Themen Versicherungs- und Unfallschutz werden behandelt. Die zukünftigen Mentor*innen lernen die Koordinator*innen und den Vorstand des Vereins kennen und haben die Gelegenheit, mit ehemaligen Mentor*innen und Mentees sowie deren Eltern ins Gespräch zu kommen.  

  •  Matching

Für das Matching, also den Prozess, gut harmonierende Tandems zusammenzubringen, nehmen wir uns viel Zeit. Auf Grundlage der persönlichen Auswahlgespräche werden durch das Lupine-Team unter Mitwirkung unserer pädagogischen Mitarbeiter*innen die Tandems zusammengestellt.  Die Entscheidung des Matching-Teams bleibt bis zum Startfest geheim.    

  •  Startfest

Erst auf dem Startfest lernen sich die Tandems kennen. Es ist ein fröhliches Fest, zu dem auch die Eltern, Geschwister und die Angehörigen der Mentor*innen eingeladen sind. Die Tandems sitzen dann erstmals im „Kennenlernzimmer" an einem Tisch und tauschen sich über Interessen und Ideen für gemeinsame Unternehmungen aus. Sie füllen zusammen einen „Vertrag" aus, mit dem die Vereinbarungen über das Mentoring besiegelt werden. Telefonnummern und Adressen werden getauscht und die erste Verabredung getroffen. Ab diesem Zeitpunkt treffen sie sich einmal pro Woche für 2-3 Stunden. Das erste Treffen findet in der Unterkunft des Mentees statt. Die Partner*innen lernen das häusliche Umfeld des Kindes kennen. In der Folge erweitert das Tandem allmählich den Radius der eigenständigen Unternehmungen.

  • Schulungen und Inhaltliche Begleitung

Jeden zweiten Monat nehmen die Mentor*innen an Schulungen teil, die sie in ihrer Aufgabe unterstützen:

- Umgang mit Nähe und Distanz/Kinderschutzprävention

- Umgang mit Traumata

- Förderung von Kreativität und Potentialen

- Feste und Feiern im interkulturellen Kontext etc..

Alle unsere Schulungen werden von praxiserfahrenen Expert*innen durchgeführt. 

  • Intervision:  Austausch und kollegiale Beratung

Jeden zweiten Monat - im Wechsel mit den Schulungen - wird den Mentor*innen Intervision in kleinen Gruppen angeboten. Hier haben sie die Möglichkeit, sich unter Moderation der Koordinator*innen auszutauschen und bei Schwierigkeiten oder Fragestellungen Rat und Hilfestellung einzuholen. 

Einmal im Monat wird optional ein Stammtisch angeboten, an dem sich neue und bereits erfahrene Mentor*innen treffen und austauschen können, zum Beispiel über Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Es kann eine digitale Plattform eingerichtet werden, die ein geschütztes Forum bietet, auf dem die Beteiligten miteinander kommunizieren und sich über frei gewählte Themen austauschen können.

  • 1:1- Mentoring  2-3 Stunden/Woche

Die Tandems treffen sich einmal pro Woche zu gemeinsamen Unternehmungen: Den Kiez und seine Freizeitmöglichkeiten entdecken, ein Kino, Museum oder einen Streichelzoo besuchen, einfach nur spazieren gehen oder sportlich aktiv sein. Meistens ist es so, dass am Anfang die Mentor*innen die Vorschläge für gemeinsame Unternehmungen machen und später, wenn die Mentees schon mehrere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung kennengelernt haben, ihre Wünsche anmelden. Es gibt aber auch Mentees, die von Anfang an wissen, was sie wollen! Wichtig ist, dass beide Spaß an den gemeinsamen Unternehmungen haben.

  • Gemeinsame kulturelle Aktivitäten aller Tandems 4 Stunden/Monat

Alle 2 Monate (zumeist samstags) findet eine gemeinsame, von Lupine organisierte Aktivität für alle Tandems statt. Hier stehen kulturelle oder kreative Aktivitäten an. Wir arbeiten mit einer Puppenspielerin, einer Museumspädagogin, einer Kostümbildnerin, Musiker*innen, Choreograf*innen etc. zusammen. Am Ende des Mentoring-Durchgangs werden die Ergebnisse aus allen gemeinsamen Aktivitäten in einer Abschlusspräsentation präsentiert. 

  • Optionale Angebote

Über das festgelegte Programm mit gemeinsamen Programmen und Schulungen hinaus bieten wir den Tandems optionale Angebote, wie zum Beispiel Freikarten für den Zoo, Theater, Kino etc.. 

  • Dokumentation und Evaluation

Die Tandems führen ein Tagebuch über ihre gemeinsamen Unternehmungen. Dadurch lernt das Kind Erlebtes zu reflektieren und zu dokumentieren. In welcher Form das Tagebuch geführt wird, ist den Tandems überlassen. Es verbleibt während des Mentoring-Programms beim Erwachsenen und wird erst beim Abschlussfest als bleibende Erinnerung an das Mentee übergeben.

Am Ende des Mentoring erfolgt eine Evaluation, damit das Programm weiterentwickelt werden kann. Dazu füllen die Mentor*innen, die Mentees und ihre Eltern Fragebögen aus. 

  • Abschlussfest 

Am Ende des Durchgangs laden wir alle Beteiligten und ihre Familien zu einem fröhlichen Fest ein. Im Mittelpunkt dieses Abschlussfestes steht eine künstlerisch/kreative Präsentation aller Tandems und die Übergabe der Zertifikate an die Teilnehmer*innen. 

  • Was kommt nach dem Mentoring?

Das Abschlussfest ist nicht als Abschiedsfest gedacht, sondern markiert eine neue Phase im Mentoring. Zwischen Mentor*in und Mentee ist über die 9 Monate eine Beziehung gewachsen, die die Tandems fortsetzen können, wenn sie sich darüber einig sind.  

„Lupine“ bietet den Mentor*innen die Mitgliedschaft im Verein an. Damit verfügen sie nicht nur über den gewohnten Versicherungsschutz, sie können weiterhin die kreativen Workshops der „Lupine“ besuchen und sich an freien optionalen Angeboten beteiligen. Sie sind auch zu Schulungen und Intervision herzlich eingeladen.   

Wir freuen uns aber über alle ehemaligen Mentor*innen, die wir an unserem monatlichen Stammtisch wiedersehen.